Unternehmenswerte entwickeln – einfach erklärt
Organisationen, die über klare Werte und Prinzipien verfügen, sind besser für einen rasanten Unternehmens- und Teamaufbau aufgestellt. Auch wenn der Teamwachstum nicht rasant wächst, spätestens ab einer Unternehmensgröße von 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen braucht es klare Werte und Prinzipien, um Orientierung für gemeinsames Handeln und tagtägliche Entscheidungen zu geben, die sich direkt auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirken. Prägnante Werte helfen z.B. dabei, wichtige Recruiting-Entscheidungen in Hinblick auf den kulturellen Fit zum Unternehmen treffen zu können.
Wir haben neben schnellwachsenden Start-Ups auch mittelständische Unternehmen erlebt, die eine neue Richtung einschlagen – die merken, dass sie sich verändern möchten, um auf ihre Vision hinarbeiten zu können und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, die das Unternehmen nach der Nachfolge zukunftsfähig aufstellen und anders ausrichten möchten. Auch diese Unternehmen setzen sich mit ihren bestehenden Werten auseinander und überprüfen in einem Werteentwicklungsprozess, ob die Werte sie in Richtung Zukunft tragen können. Denn manchmal können – teilweise unbewusst – bestehende Werte die Veränderungsvorhaben in Richtung Zukunft bremsen. Aber dazu später mehr, zunächst wollen wir uns der Frage widmen, was Unternehmenswerte sind.
Was sind Unternehmenswerte (Values)? – Unternehmenswerte entwickeln als Wegweiser der Zusammenarbeit
Werte sind wie Richtungsweiser bei Entscheidungen, sie helfen Mitarbeitenden dabei einzuschätzen, wie im Sinne des Unternehmens gehandelt werden würde. Unsicherheiten im Entscheidungsprozess können hierdurch verringert werden. Auf Basis von Werten kann das Unternehmen sicherstellen, dass auch bei größerer Anzahl an Mitarbeitenden Entscheidungen so getroffen werden, wie es andere im Unternehmen auch tun würden, inklusive der Gründer und Gründerinnen.
Wie sieht ein Werteentwicklungsprozess aus? – In 7 Schritten zu euren Unternehmenswerten
Kommen wir gleich zum größten vorherrschenden Missverständnis in der Werteentwicklung: Werte partizipativ zu entwickeln bedeutet nicht, Werte demokratisch zu bestimmen. Setzt man Mitarbeitenden die Pistole auf die Brust, welche Werte im Unternehmen existieren und für das Unternehmen auch zukünftig von Bedeutung sind, dann wird es ihnen höchstwahrscheinlich schwerfallen, ad hoc auf der grünen Wiese tiefgreifendere Werte zu benennen. Die natürliche, gut gemeinte Reaktion ist zumeist, auf naheliegende Werte wie „Authentizität“ oder „Offenheit“ zurückzugreifen.
Die wahren Unternehmenswerte sind aber vielmehr eng verzahnt mit der Unternehmensvision und dem Weg des Unternehmens, das es in den nächsten Jahren beschreiten möchte. Werte berücksichtigen auch, welches Verhalten notwendig sein wird, um das Unternehmen durch die kommenden Jahre in Richtung seiner Ziele zu tragen und welche gelebten Werte bislang zum Erfolg des Unternehmens beigetragen haben. Werte im Unternehmen gemeinsam zu bestimmen bedeutet deshalb vielmehr, unterschiedliche Perspektiven systematisch einzubeziehen und mit Vertretern und Vertreterinnen aus der Organisation die Werte mehrschrittig zu erarbeiten und eben nicht, einmal im großen Plenum Werte mit allen zu brainstormen.
Unternehmenswerte entwickeln in 7 Schritten
Eine Werteentwicklung auf Basis der folgenden 7 Schritte gestaltet werden:
- Vision vor Werteentwicklung: Ein Werteprozess startet nicht erst bei der Wertedefinition, sondern schon davor mit einer klaren Zielvorstellung, wohin das Unternehmen in Zukunft gehen möchte und wie die Organisation und Kultur in Zukunft aussehen soll.
- Initiale Wertesuche: Unternehmenswerte werden initial durch die Gründer:innen definiert, da diese das Unternehmen bedeutend prägen. Hierbei geht es auch darum, sicherzustellen, dass die Gründer:innen voll und ganz hinter den Werten stehen. Sind die Gründer:innen nicht mehr im Unternehmen, wird dieser Schritt mit vergleichbaren Rollen wie Geschäftsführer:innen oder nachfolgenden Unternehmer:innen erarbeitet.
- Unternehmenswerte partizipativ ermitteln: Die grundlegenden Werte werden dann in einem partizipativen Prozess mit möglichst diversen Vertretern und Vertreterinnen analysiert. Hierbei geht es darum zu ermitteln, welche Werte bereits gelebt werden, inwiefern sich die initial definierten Werte von den gelebten unterscheiden und auf welcher Basis Mitarbeitende aktuell handeln. Das Team aus Vertretern und Vertreterinnen sollte bestenfalls aus den Gründern und Gründerinnen, Führungskräften und Mitarbeitenden aus allen Standorten, Abteilungen, Zugehörigkeit und Senioritätsleveln bestehen, die die Unternehmenskultur bereits heute schon vorleben. Der Blick des Vertreter:innen Teams wird in diesem Schritt für die Bedeutung der Werte geschärft.
- Unternehmswerte im Alltag beobachten und überprüfen: Die gelebten Werte können durch Beobachtungen im Alltag ermittelt werden und durch Beispiele eindeutiger gesammelt werden. Die so gesammelten Geschichten ergänzen die initialen Werte und machen sie lebendiger. Das können Geschichten zu wichtigen Entscheidungen sein, die in herausfordernden Situationen getroffen wurden, eine besonders intensive Zusammenarbeit in einem neuen Projekt oder gemeinsame Erlebnisse sein, die besonders in Erinnerung geblieben sind oder auch Situationen, die gezeigt haben, was das Unternehmen ausmacht.
- Werte priorisieren: Auf Basis dieser Wertesammlung werden die Werte priorisiert. Bei der Priorisierung wird nochmals überprüft, ob die Werte wirklich einzigartig für das Unternehmen sind und eine besondere Bedeutung haben, oder doch eher von generischer Natur sind. Eine gute Überprüfung dabei ist die Abstimmung, welcher eine Wert auf gar keinen Fall rausfallen darf. So kann sich zu einer kondensierte Werteliste von maximal fünf Werten vorgearbeitet werden.
- Werte formulieren: Die ermittelten Werte werden im Anschluss ausformuliert, so dass sie für alle klar und verständlich sind sowie eindeutig angewendet werden können. Werte können sogar soweit individualisiert werden, dass Wortneuschöpfungen herauskommen, die den Bezug noch klarer machen.
- Unternehmenswerte im Alltag greifbar machen: Die Werte können für die Anwendung im Unternehmensalltag greifbarer gemacht werden, in dem sie um Verhaltensbeispiele ergänzt werden. Diese Form der Ausformulierung wird Operating Principles genannt.
Wie Unternehmenswerte und Prinzipien im Arbeitsalltag effektiver verankert werden können: Operating Principles
Werte und Prinzipen werden im Alltag greifbar, wenn die Wertebeschreibungen die Verhaltensweisen zum Ausdruck bringen, die zu den Werten in der Organisation beobachtbar sind. Das können Verhaltensbeschreibungen sein, die zeigen, dass Werte im Unternehmen gelebt werden, aber auch Beschreibungen, die Verhalten beschreiben, wo ein Wertebruch stattgefunden hat.
Operating Principles sind eine Art Arbeitsgrundsätze. Operating Principles sind schriftlich festgehaltene Erklärungen, die beschreiben, wie die Mitglieder einer Gruppe miteinander und mit Kunden, Partnern und weiteren Mitgliedern des Netzwerkes umgehen. Operating Principles setzen Werte und Prinzipien in konkrete Handlungen um. Sie sind nicht dasselbe wie das Wertversprechen einer Organisation, welches (Produkt-)Versprechen an potentielle Käufer sind. Bei Operating Principles geht es um die alltäglichen Verhaltensweisen der Mitarbeiter in einer Organisation. Operating Principles sind wie Verkehrsregeln, die es den Menschen ermöglichen, zu wissen, auf welche Verhaltensweisen sich im Unternehmen geeinigt wurden – und welche nicht gern gesehen werden.
Operating Principles können als Leitfaden dienen, der Menschen hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen, Vertrauen aufzubauen und mit ihrem Verhalten zu einer starken Unternehmenskultur beizutragen. Google hat zehn Operating Principles, von denen ein Prinzip lautet: „Man kann auch ohne Anzug seriös sein.“ Operating Principles können ein sehr guter Klebstoff für die Entwicklung eines vertrauensvollen und sich gegenseitig unterstützenden Arbeitsumfeldes sein. Sie kommen jedoch nur dann wirklich zum Tragen, wenn sie von der obersten Führungsebene bis zum jüngsten Mitarbeiter und Mitarbeiterin beachtet werden.
Unternehmenswerte entwickeln und überprüfen: Warum Werte in Veränderungsprozessen eine zentrale Rolle spielen?
Um die Herausforderung zu meistern, in ein paar Jahren noch zu bestehen, zu wachsen und besser dazustehen als heute, überdenken Führungskräfte die Vision des Unternehmens, die Unternehmensstrategie, die Ziele und Produkte.
Dann versuchen sie, ihre Mitarbeitenden in die konkrete Umsetzung dieser strategischen Vorgaben und geplanten Veränderungen einzubinden. Doch dieses Vorgehen stößt häufig auf Widerstand.
Warum ist das so? Weil bei diesen Veränderungsinitiativen selten berücksichtigt wird, wie das Verhalten, Prozesse und Vorgehensweisen sich im Unternehmen etabliert haben, die einer neuen Richtung und einem dafür notwendigen anderen Verhalten entgegenstehen. So möchte beispielsweise die nächste Generation im Unternehmen, dass die Mitarbeitenden mehr Eigenverantwortung übernehmen und neue Lösungen für den Markt entwickeln. Das Unternehmen hat bislang aber die letzten 20-50 Jahre gelernt, dass Entscheidungen immer Top-Down getroffen werden, die Wichtigkeit von Anspruch, sorgfältiger Planung und Genauigkeit wurde jahrelang verdeutlicht und haben sich auch in Form von informellen Werten und Prinzipien etabliert. Die neue Erwartungshaltung, ab jetzt proaktiv und eigenverantwortlich in neue, komplexe Themen einzusteigen, ohne eine Lösung zu kennen, bringt Mitarbeitende in den Konflikt zum Gewohnten.
In Veränderungsprozessen ist es deshalb wichtig, die bestehende Unternehmenskultur zu beobachten und bestehende Werte und Glaubenssätze zu analysieren, um zu verstehen, wo eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Übergang vom „Alten“ zum „Neuen“ stattfinden muss und wo sich auch Werte ändern werden.
Dies kann mitunter auch weitreichende Konsequenzen haben, denn können sich vereinzelt bestehende Mitarbeitende nicht mehr mit den weiterentwickelten Werten identifizieren, steht die grundlegende Frage der Trennung im Raum, da viele Folgeschritte der Werteentwicklung und -verankerung darauf aufbauen, dass die gemeinsamen Werte gelebt werden.
Kennt ihr übrigens schon unsere Podcastfolge zum Thema Werte entwickeln? Nein, dann haben wir eine dringende Hörempfehlung für euch.
Fazit: Werte entwickeln im Unternehmen – Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Unternehmenswerte entwickeln ist ein mehrschrittiger Prozess, der es erfordert, dass insbesondere die Geschäftsführung oder Gründer und Gründerinnen hinter dem Prozess stehen und sich aktiv einbringen. Ebenso ist es wichtig, dass es im Unternehmen eine klare Vision und ein Zielbild davon gibt, wo die Organisation in 5-10 Jahren stehen möchte – besonders in Bezug darauf, welche Unternehmenskultur das Unternehmen zukünftig auszeichnen wird. Darauf aufbauend können die Unternehmenswerte entwickelt werden, die einen wichtiger Grundbaustein einer starken Unternehmenskultur darstellen.
Für die Ermittlung und Definition von tiefgründigen Werten braucht es eine gewisse Reife der Organisation und einen starken Bezug der beteiligten Personen zur Organisation. Zudem braucht der Werteprozess genügend Zeit und Raum, um die ermittelten Werte bezüglich ihrer Bedeutung und Einzigartigkeit für das Unternehmen zu überprüfen und um die entwickelten Unternehmenswerte im Alltag zu verankern.
Kontaktiere uns!
Servus, wir sind Berg & Macher
Ihr möchtet eure Werteentwicklung angehen, wisst aber noch nicht, wo ihr am besten ansetzen sollt? Dann kontaktiert uns. Wir freuen uns auf eure Nachricht!