Klassische und agile Organisationsformen: Welche Arten gibt es?
Organisationsformen lassen sich auf vielfältige Weise beschreiben. Zwei grundlegende Facetten liegen ihnen jedoch allen zu Grunde: der Grad der hierarchischen Organisationsstruktur sowie die Kundenorientierung. Klassische Aufbauorganisationen erinnern in ihrer hierarchischen Organisationsform an eine Pyramide. Ihr Fokus ist primär auf die Organisation selbst gerichtet, Kunden und Kundinnen nehmen in dieser Struktur eine untergeordnete Rolle ein. Im Kontrast dazu steht die Netzwerkorganisation. Sie verfügt über keine etablierten Strukturen, alle Verbindungen sind dynamisch, anpassungsfähig und allein durch Prozesse organisiert. Im Fokus dieser Organisationsform steht die Kundenorientierung.
Klassische Organisationsform: Die Aufbauorganisation
Die klassische Aufbauorganisation erinnert in der Struktur an eine Pyramide, die von mehreren aufeinander aufbauenden Ebenen durchzogen ist. Im Zentrum dieser Organisationsform steht die Unternehmensleitung, die sich an der Spitze der Pyramide befindet. Darunter reiht sich eine weitere Führungsebene ein, gefolgt von der Abteilungs- & Teamleitung. An der Basis befindet sich das Team der Mitarbeitenden. Von der schmalen Spitze zur breiten Basis – der Umfang der einzelnen Ebenen entspricht der Anzahl an Personen, die der jeweiligen Ebene zugeordnet sind.
Mit den etablierten Hierarchieebenen gehen klar definierte und relativ statische Verantwortungsbereiche einher. Entscheidungen und Prozesse sind zentriert und orientieren sich meist an der hierarchischen Spitze. Zur Konsequenz hat das eine Top-Down-Mentalität, begünstigtes Silo-Denken sowie eine erschwerte abteilungs- & hierarchieübergreifende Zusammenarbeit. Der Orientierung an Marktanforderungen und dem Kundennutzen kommt in dieser Organisationsform nur eine untergeordnete Rolle zu. Der Fokus ist primär auf das Innere der Organisation selbst ausgerichtet. All diese Aspekte stehen in starkem Kontrast zu agilen Organisationsformen.
Agile Ansätze in der Aufbauorganisation
In klassischen Aufbauorganisationen sind es häufig einzelne Teams an der Basis, die erste Impulse zu agilem Arbeiten setzen. Mitarbeitende ergreifen die Initiative, innerhalb ihres Teams agile Arbeitsweisen zu testen und bei Eignung zu etablieren. Zu Beginn umfassen solche Initiativen meist die Einführung agiler Methoden, wie Scrum oder OKR. Mitarbeitende beginnen, selbstorganisiert und punktuell rollenbasiert zu arbeiten.
Eine große Herausforderung besteht in dieser Phase für die teamverantwortliche Führungskraft. Ein Teil ihrer bisherigen Entscheidungskompetenzen geht an das Team über. Sie ist damit konfrontiert, ihre Rolle als Führungskraft weiterzuentwickeln und neu zu definieren. Die Einführung agiler Methoden verändert somit nicht nur die Arbeitsweise, sondern setzt auch die Veränderung des persönlichen Mindset und Führungsverständnis voraus.
Diese Veränderungen sind zunächst auf das individuelle Team und ihre Führungskraft beschränkt und haben in der Regel kaum direkten Einfluss auf die Aufbauorganisation. Im Rahmen der Silo-Strukturen der klassischen Aufbauorganisation, erschafft sich das Team ein agiles System, welchen neben dem klassischen System der Aufbauorganisation koexistiert. Die Erfahrungen und Erkenntnisse des agilen Teams können dennoch als Impulse dienen, weitere Personen zu agilen Arbeitsweisen zu inspirieren. Sie haben somit das Potential, als Graswurzelbewegung die Organisationsstrukturen der Aufbauorganisation in Richtung Agilität zu verändern.
Klassische Organisationsform: Die Matrix-Organisation
Ist der Fokus der Aufbauorganisation noch primär auf das Innere der Organisation gerichtet, kommt in der Matrix-Organisation eine weitere Dimension hinzu. Die Kundenbedürfnisse rücken in den Mittelpunkt und somit häufig auch der Fokus auf das Produkt. Um hierfür ideale Voraussetzungen zu schaffen, agieren Teams nun abteilungsübergreifend bzw. cross-funktional. Silo Strukturen werden aufgebrochen – ein klarer Schritt in Richtung agiler Organisationsformen.
Mitarbeitende sind nun gefordert, sowohl die internen Prozesse als auch die Kunden und Kundinnen bzw. das Produkt im Blick zu behalten, was zu einer Steigerung der Komplexität führt. Um beide Dimensionen in Balance zu halten, ist es daher essenziell, Verantwortliche und Entscheidungen klar zu definieren und transparent zu kommunizieren.
Agilität in Matrix-Organisationen
Charakteristika einer Matrix-Organisation sind ihre stärkere Vernetzung durch cross-funktionale Zusammenarbeit sowie der Fokus auf Kunden und Kundinnen bzw. auf das Produkt. Hierdurch entsteht auch der Bedarf für die Einführung agiler Arbeitsweisen: In Kombination mit der Einführung agiler Methoden wie Scrum werden häufig neue Rollen bzw. Funktionen etabliert, wie bspw. die des Scrum Masters. Diese neuen Funktionsbereiche werden in der Regel aus dem Team heraus besetzt. Für Führungskräfte bedeutet dies, wie im Abschnitt der agilen Teams bereits beschrieben, teils enorme Herausforderungen. Sie sind gefragt, ihr Führungsverständnis weiterzuentwickeln und ihre Rolle als Führungskraft neu zu gestalten. Häufig kommt hier das Führungsverständnis des Servant Leadership zum Tragen.
Agile Organisationsform: Die Netzwerkorganisation
Wie der Name sicherlich vermuten lässt, zeichnen sich Netzwerkorganisationen durch die maximale Vernetzung ihrer Stakeholder aus. Es existieren keine etablierten Strukturen, alle Verbindungen sind dynamisch, anpassungsfähig und allein durch Prozesse organisiert. Der Grad der hierarchischen Organisationsstruktur ist nicht vertikal, sondern horizontal ausgerichtet.
Die Zusammenarbeit der Teams ist geprägt von Partizipation und Selbstorganisation. Teamrollen, auch die der Team Leads, werden funktions- und kompetenzbasiert besetzt. Wer Führungsverantwortung übernimmt wird situativ und aus dem Team heraus entschieden, abhängig von den Anforderungen der jeweiligen Aufgaben und den dafür benötigten Kompetenzen. Führung ist eine Rolle, die rotiert und sich dynamisch gestaltet. In welcher Form und über welchen Zeitraum hinweg ein Team zusammenarbeitet, ist abhängig von den individuellen Anforderungen der Tätigkeit bzw. des Projekts. Im Fokus dieser Organisationsform steht die Kundenorientierung.
Steht für eine Organisation Kunden- bzw. Produktorientierung im wahren Fokus, wird sie auch ihre Handlungen und Entscheidungen danach auszurichten. Häufig hat diese klare Ausrichtung implizite Auswirkungen auf die interne Organisationsstruktur. Denn, orientieren sich Mitarbeitenden an Kunden und Kundinnen bzw. am Produkt, erhalten sie dadurch einen roten Faden, der als Basis für Priorisierungen und Entscheidungen dient. Dies eröffnet den Raum für eigenverantwortliches und selbstorganisiertes Arbeiten, was wiederum eine wichtige Grundlage agiler Organisationen darstellt.
Reflexionsfrage zu agilen Organisationsformen:
➡️ Welchen Platz nehmen die Kunden in eurer Organisation ein?
Fazit: Agile Organisationsstruktur einer Netzwerkorganisation
Es existiert keine Blaupause für den Weg zur agilen Organisation. Welches Ausmaß an Agilität ein Unternehmen für sich als geeignet empfindet und welchen Weg es dorthin wählt, ist individuell und nicht lässt sich nicht pauschalisieren. Grundsätzlich geht es weniger um die Einführung agiler Methoden, als vielmehr um die Entwicklung einer agilen Grundhaltung, die einen Kulturwandel voraussetzt. Zum Thema „Organisationsentwicklung gleich Kulturentwicklung?“ haben wir einen ausführlichen Blogartikel verfasst.
Ein weiterer essenzieller Schritt in Richtung Netzwerkorganisation ist es, den Kunden und Kundinnen einen zentralen Platz innerhalb der eigenen Organisationsstruktur einzuräumen.
Praktische Links:
- Erfahrt mehr zum Thema „Organisationsentwicklung gleich Kulturentwicklung?“ in unserem Blogartikel.
- Als Organisationsentwicklungs-Experten begleiten wir euch dabei, wie ihr partizipativ euer Unternehmen weiterentwickeln könnt und dabei eure Unternehmenskultur und die Bedürfnisse eurer Kunden mitberücksichtigt.
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